Unser Darm, wichtigstes und größtes Sinnesorgan:

 
Der Nervus Vagus ist der wichtigste und schnellste Weg vom Darm zum Hirn. Er läuft durch das Zwerchfell, zwischen Lunge und Herz an der Speiseröhre entlang, durch den Hals bis in unser Hirn. Der Nervus Vagus funktioniert so ein bisschen wie eine Telefonleitung zu unserer Kopfzentrale, über die ein "Außendienstmitarbeiter" seine Eindrücke mitteilt. Unser Gehirn braucht diese Informationen, um sich ein Bild davon machen zu können, wie es im Körper so zugeht, denn es ist so isoliert und geschützt, wie kein anderes Organ. Es sitzt in einem knöchernen Schädel, ist umhüllt von einer dicken Gehirnhaut und filtert jeden Tropfen Blut noch einmal durch, bevor er die Hirnbereiche durchströmen darf.
Unser Darm dagegen befindet sich mitten im Getümmel. Unser Darm kennt alle Moleküle aus unserem letzten Essen, fängt herumschwirrende Hormone neugierig im Blut ab, fragt die Immunzellen nach ihrem Tag oder lauscht andächtig dem Surren der Darmbakterien. Der Nervus Vagus kann dem Gehirn Dinge über uns erzählen, von denen es sonst niemals eine Ahnung hätte. All diese Informationen sammelt unser Darm nicht nur mit Hilfe eines beachtlichen Nervensystems, sondern auch auf einer riesigen Fläche. Das macht unseren Darm zum größten sensorischen Organ unseres Körpers.
Augen, Ohren, Nase oder Haut sind nichts dagegen. Ihre Informationen (Augen, Ohren, Nase, Haut) gelangen ins Bewusstsein und werden dazu benutzt, um auf die Umwelt reagieren zu können. Sie sind damit so etwas wie Einpark-Hilfen, wenn es um unser Leben geht. Der Darm dagegen ist eine riesige Matrix, er empfindet unser Innenleben und arbeitet im Unterbewusstsein.
Darm und Hirn arbeiten schon sehr früh zusammen. Die beiden entwerfen einen großen Teil unserer ersten Gefühlswelt als Säuglinge. Säuglinge lieben wohlige Sattheit, verzweifeln über Hunger und quälen uns quengelnd mit Blähungen herum. Vertraute Personen füttern, wickeln und machen Bäuerchen mit uns. Als Baby besteht unser "Ich" stark fühlbar aus Darm und Hirn. Wenn wir älter werden, erfahren wir die Welt immer mehr mit allen Sinnen. Wir weinen dann nicht mehr lauthals los, wenn im Restaurant das Essen schlecht ist. Die Verbindung von Darm zu Hirn ist allerdings nicht plötzlich weg, sondern nur deutlich verfeinert. Ein Darm, der sich nicht wohl fühlt, könnte uns jetzt subtiler aufs Gemüt "schlagen", und ein gesunder, wohlernährter Darm unsere Stimmung diskreter verbessern.
Stress ist vermutlich einer der wichtigsten Reize, die Hirn und Darm miteinander besprechen.
Wenn unser Gehirn ein großes Problem (wie Zeitdruck oder Ärger) fühlt, dann will es dieses Problem lösen. Dafür braucht es Energie.Die leiht es sich vor allem vom Darm. Der Darm bekommt über sogenannte sympathische Nervenfasern mitgeteilt, dass hier gerade eine Notsituation herrscht und er ausnahmsweise gehorchen muss. Er spart kollegialerweise Energie beim Verdauen ein, produziert weniger Schleimstoffe und fährt seine eigene Durchblutung herunter. Wenn der Darm zu lange herhalten muß, ist das für ihn ungesund. Fehlende Durchblutung und ein dünner Schleimschutzmantel schwächen die Darmwände. Die darin hausenden Immunzellen schütten dann besonders viele Signalstoffe aus, die das Darmhirn immer stärker sensibilisieren und so die erste "Schwelle "herabsetzen. Stressphasen bedeuten geliehene Energie. Man sollte nie zu viele „Schulden" machen, sondern versuchen, möglichst gut zu"haushalten".
 
Stress ist unhygienisch:
Unter den veränderten Lebensbedingungen im Darm überleben andere Bakterien als zu entspannten Zeiten. Stress verändert sozusagen das "Wetter" im Bauch. Herbe Gesellen, die mit Turbulenzen wunderbar klar kommen, vermehren sich dann besonders erfolgreich. Sie verbreiten nach Feierabend aber nicht die beste Stimmung. Wenn wir diese Zusammenhänge erkennen, können wir für "gute Stimmung" sorgen. Damit wären wir nicht nur "Opfer" unserer Darmbakterien und ihrer Wirkung auf unser "Gemüt", sondern praktisch eigene "Gärtner" der Welt im Bauch. Das hieße außerdem, dass unser Darm imstande ist, uns auch über die akute Stressphase hinaus die ungute Stimmung spüren zu lassen. Wir brauchen dann eine gute Wahrnehmung, ein wenig Geduld, gesunde ausgewogene Ernährung, ein gutes Maß an Bewegung und Ruhe. So könnte auch die Rolle des Darms in Zukunft sein, eine gute “Bauchentscheidungen" zu treffen, weil ich wahrnehme und verstehe.
Aus dem Buch „ Darm mit Charme“ 👌

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